Kapitel 24
Abby biss sich auf die Unterlippe. Die Haare in ihrem Nacken stellten sich auf, und ihre Handflächen fingen an zu schwitzen.
Es war das gleiche Gefühl, das sie empfunden hatte, als sie fünf Jahre alt gewesen war und auf einem Jahrmarkt ein Spukhaus betreten hatte. Damals hatte sie fast zwei Stunden zusammengekauert in einer dunklen Ecke verbracht, weil sie zu viel Angst gehabt hatte, um sich zu bewegen und zur Tür zu rennen.
Sie hatte nicht gewusst, warum sie sich gefürchtet hatte. Das Einzige, was sie gewusst hatte, war, dass sie etwas da draußen in der Dunkelheit gespürt hatte, was daraufwartete, sie zu verschlingen.
Mit der Weisheit des Alters war es natürlich einfach, zurückzublicken und sich dessen bewusst zu werden, dass ihre Angst durch eine Mischung aus Hyperstimulation, der stickigen Dunkelheit und dem Gefühl, von ihrer Mutter verlassen worden zu sein, hervorgerufen worden war.
Trotzdem war der Eindruck, gleich verschlungen zu werden, sehr real gewesen. Genau wie in diesem Moment.
Abby straffte grimmig die Schultern und ließ sich durch die dunklen, leeren Räume führen, bis die ältere Hexe schließlich anhielt, um eine Tür zu öffnen und die schmale Treppe hinunterzusteigen.
Abby war nicht länger ein Kind.
Sie kauerte sich nicht in Ecken.
Sie setzte sich mit voller Kraft zur Wehr.
Naja... vielleicht nicht mit voller Kraft. Es war eher eine Mischung aus Sichdurchwurschteln, Herumtasten und Umsichschlagen.
Jedenfalls würde sie nie wieder einfach so zum Opfer werden.
Ein überwältigender moderiger Geruch von feuchter Erde und Schimmel traf Abby, als sie das Ende der Stufen erreichten. Sie zögerte, als die völlige Dunkelheit sie nichts mehr sehen ließ.
»Fürchtet Euch nicht«, flüsterte Edra, und ihr uraltes Gesicht war plötzlich wieder sichtbar, als ein Feuer in einem großen Kohlenbecken aufflackerte. »Hier gibt es nichts, was Euch je etwas zuleide tun könnte.«
Nichts außer dir, flüsterte Abby stumm.
»Warum sind wir hier?«
Die Hexe lief durch den Raum. »Da gibt es etwas, was ich Euch zeigen möchte.«
Sie ging auf etwas zu, das wie eine große Marmorplatte aussah, die neben dem Kohlenbecken auf ein paar Steinen ruhte. Die Platte wirkte ganz wie etwas, was man auf ein Grab legte.
Auf ihrem Rand standen und lagen, genau arrangiert, schwarze Kerzen und getrocknete Kräuter. Und genau in der Mitte war ein fremdartiges Symbol zu erkennen, das mit einer dicken, geronnenen Flüssigkeit gemalt worden war, die in einer rötlich schwarzen Farbe glänzte.
Abbys Magen zog sich zusammen, als sie der Frau widerstrebend folgte.
»Was ist das?«
»Mein bescheidener Altar.« Die Hexe streichelte den kalten Stein ehrfürchtig mit der Hand. »Es ist nicht das, was ich mir wünschte, um es der geliebten Göttin zu präsentieren, aber ich war gezwungen, nach dem Angriff des Magiers vieles zurückzulassen.«
»Warum sind wir hier?«
Der kleine Kopf drehte sich um, und die Hexe durchbohrte Abby mit einem Blick aus glitzernden Augen. Im flackernden Kerzenlicht wirkte die Frau wie eine verschrumpelte Echse.
Und etwa genauso warm und herzlich.
»Um die Welt zu verändern, meine Herrin.«
Abby trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. »Das ist etwas vage.«
»Es ist an der Zeit, dass die ganze Herrlichkeit des Phönix enthüllt wird. Seine Macht wird die Welt reinigen.«
Die Welt reinigen.
Das klang ganz eindeutig netter als Massenmord.
»Die Welt wovon reinigen?«, fragte Abby. Sie musste einfach hören, wie die Frau ihre niederträchtigen Absichten zugab.
»Von dem Bösen.«
»Das ist wieder etwas vage.« Abby erschauderte. Jeder dunkle und feuchte Keller war unheimlich, aber mit den Kerzen, der Grabplatte und irgendeiner klebrigen Masse, bei der es sich möglicherweise um Blut handelte, bekam »unheimlich« eine ganz neue Bedeutung. »Welches Böse genau beseitigen wir hier?«
»Natürlich die Dämonen. Und jene, die den dunklen Herrscher verehren.«
»Der dunkle Herrscher wurde aus dieser Welt verbannt.«
Die ältere Frau kniff die Lippen zusammen, und Ungeduld sowie etwas, was wie Ärger wirkte, zeigte sich in ihren Zügen. Offenbar war sie kein großer Fan davon, dass ihre Entscheidungen diskutiert wurden.
»Seine Verdorbenheit verschmutzt noch immer die Luft, die wir atmen. Er ruft nach seinen Jüngern, und sie antworten. Sie alle müssen ihr Ende finden«, krächzte sie.
Abby leckte sich über die Lippen. »Und Sie erwarten, dass der Phönix das tun wird?«
»Natürlich. Die geliebte Göttin ist dazu bestimmt zu herrschen.« Sie streckte ihre schwieligen Hände aus, als nähme sie Huldigungen von unsichtbaren Jüngern entgegen.
»Ebenso, wie ich dazu bestimmt bin zu herrschen. Unsere Zeit ist endlich gekommen.«
Du meine Güte, diese Frau war nicht zurechnungsfähig.
Beeil dich, Dante, flüsterte Abby stumm. Bitte, beeil dich.
»Ich verstehe Ihren Wunsch. Er ist ohne Zweifel bewundernswert, aber es gibt doch sicher noch andere Mittel, das Böse zu bekämpfen?«, versuchte sie die Frau zu beschwichtigen. Die Verrückten beruhigen. Das war schon immer ihr Motto gewesen.
Absurderweise wirkte die Hexe eher zornig als beruhigt.
»Verstehen?« Sie stellte sich direkt vor Abby. »Was könntet Ihr denn wohl verstehen, Mädchen?«
»Ich kann das Richtige vom Falschen unterscheiden.«
»Bis vor einigen Tagen dachtet Ihr noch, Dämonen seien nichts als Märchengestalten.«
Abby stellte fest, dass ihr Entsetzen von einem wachsenden Ärger verschluckt wurde. Verdammt. Es war nicht ihr Wunsch gewesen, irgendein dämlicher Kelch zu werden. Oder von irgendwelchen Monstern gehetzt zu werden. Oder sich in eine Art Weltretterin zu verwandeln.
Aber jetzt, nachdem ihr diese Situation aufgezwungen worden war, würde sie sich nicht einschüchtern lassen, so dass sie sich in das Böse verwandelte, gegen das sie eigentlich kämpfen sollten.
»Vielleicht wusste ich das nicht, aber jetzt wird mir klar, dass es viele verschiedene Arten von Dämonen gibt. Und nicht alle von ihnen sind böse.«
»Der Vampir«, zischte Edra. »Er hat Euch verführt.«
Abby ballte die Hände zu Fäusten. »Das hat nichts mit Dante zu tun. Ich werde nicht an einem Massenmord teilnehmen.«
Die Hexe trat so nah an sie heran, dass Abby in den sauren Geruch von Schweiß und Gewürznelken eingehüllt wurde.
»Habt Ihr die vergangenen dreihundert Jahre gegen die Finsternis gekämpft?«, fuhr sie Abby an. »Habt Ihr Eure Seele hingegeben, um das Grauen in Schach zu halten? Habt Ihr zugesehen, wie unschuldige Frauen durch die Magie eines schändlichen Magiers wie Schweine abgeschlachtet wurden?«
Unwillkürlich taumelte Abby zurück. Ihre Augen mochten ihr vielleicht erzählen, dass sie die gebrechliche alte Frau hochheben und schütteln konnte, bis diese ohnmächtig wurde. Ihr Gefühl warnte sie allerdings, dass die Hexe einen Zauberstab schwingen und sie wie ein Insekt zerquetschen konnte.
»Ich bin der Kelch«, bluffte sie. »Sie können mich nicht zwingen, einen Zauber durchzuführen.«
»Ich würde es bevorzugen, wenn Ihr Euch mir anschlösset.« Edra hob eine Hand, um mit ihrem Finger auf den Punkt direkt zwischen Abbys Augen zu zeigen. »Aber wir können diese Angelegenheit auch so erledigen, dass Ihr Lehrgeld bezahlt.«
O Gott, hier kommt der Teil mit dem Wie-ein-Insektzerquetschen.
»Nein... warten Sie...«
Die Worten hatten ihre Lippen kaum verlassen, als in Abbys Kopf auch schon ein rasender Schmerz explodierte.
Abby sank auf die Knie. Sie umklammerte ihren Kopf, und ihr wurde klar, dass sie sterben würde.
Niemand konnte einen solchen Schmerz überleben.
Dante, wo zum Teufel bist du?
Viper und Dante stoben in die Schatten, als der Klang lauter Schritte durch den Gang hallte.
Dante witterte. Dann beugte er sich zu seinem Kameraden und flüsterte ihm direkt ins Ohr: »Zwei Männer, beide menschlich.« Seine Fangzähne wurden länger. »Ich werde mich um sie kümmern. Du solltest zu Abby gehen.«
Viper zögerte. »Bist du sicher?«
»Ich kann Edra nichts antun. Du hingegen bist dazu in der Lage.«
Ein kaltes Lächeln entstand auf den eleganten Gesichtszügen. »Es wird mir ein Vergnügen sein.«
Es gab nicht einmal einen Luftzug, als Viper sich auf den Weg machte. Dante blieb in der Dunkelheit verborgen und wartete, bis die Männer direkt an ihm vorbeigingen. Erst dann sprang er vor und riss mit Eleganz und Kraft den Wachtposten, der ihm am nächsten war, zu Boden.
Er spürte, wie der zweite Mann nach seinem Arm griff. Ohne auch nur in seine Richtung zu blicken, warf Dante ihn gegen die nächste Wand. Es folgten ein dumpfer Schlag und ein Stöhnen, als der Angreifer zu Boden glitt.
Der Mann unter ihm rang erbittert darum, unter seinen massigen Körper zu greifen. Dante lächelte trocken. Er wusste, dass der Dummkopf zweifelsohne die Hand nach einer Pistole ausstreckte. Entweder wusste er nicht, dass ihn ein Vampir festhielt, oder er hatte nicht die geringste Ahnung davon, dass Kugeln Untote nicht verletzen konnten.
Er packte eine Handvoll Haar und stieß den dicken Schädel gegen den Fußboden. Dann wiederholte er diese Handlung noch einmal. Als er spürte, dass der Körper unter ihm schlaff wurde, kam er augenblicklich wieder auf die Beine.
Beide Männer waren bewusstlos, aber er würde sie nicht hier zurücklassen. Er öffnete eine Tür in seiner Nähe, kehrte zu den ohnmächtigen Männern zurück und warf sie ohne Mühe in den engen Raum. Mit der gleichen Geschwindigkeit fesselte er sie mit ihren Gürteln und schloss die Tür.
Leise bewegte er sich weiter. Vor sich nahm er den scharfen Geruch von Blut wahr. Vipers Werk, ohne jeden Zweifel. Wenn die Hexen sich nicht zusammenschlössen, hatten sie dem mächtigen Vampir nichts entgegenzusetzen.
Dante ignorierte den starken Geruch und ging auf den hinteren Teil des Hauses zu. Der schwächere Geruch der Shalott führte ihn durch die leere Bibliothek zu einer kleinen Abstellkammer, die mit drei Eisenstangen verriegelt war.
Für Vampire war das kein Hindernis, aber Dante wäre jede Wette eingegangen, dass Eisen für Shalotts eine Bedrohung bedeutete.
Dante verzog das Gesicht wegen des unvermeidlichen Lärms, aber riss nichtsdestotrotz die Stangen aus ihrer Halterung. Er warf sie beiseite und blickte über seine Schulter, um sich zu vergewissern, dass niemand in den Raum gestürmt kam, um sich ihm entgegenzustellen.
Der Raum blieb leer, aber die Tatsache, dass Dante einen Augenblick lang abgelenkt war, blieb nicht ungestraft. Die Tür der Kammer sprang nach außen auf, und eine schlanke Gestalt stürzte sich auf ihn und traf ihn mit einem harten Schlag am Kinn.
Mit einem Grunzen, das zu gleichen Teilen von Arger und Schmerz herrührte, fuhr Dante herum, um die Dämonin zu erkennen, die drohend in leicht geduckter Stellung verharrte.
Es lag eine tödliche, beinahe berauschende Schönheit in ihren langen, schlanken Gliedmaßen und ihrem wallenden schwarzen Haar, aber Dante hatte kein Interesse an ihren körperlichen Merkmalen. Oder auch nur an der Wolke von Pheromonen, die den Raum erfüllten.
Seine Verbindung mit Abby machte ihn unempfindlich für ihre mächtige Verführungskraft.
Stattdessen bereitete er sich auf einen neuen Angriff vor.
Er würde ihr keine weitere Gelegenheit zu einem so einfachen Schlag geben.
Eine Hand in die Höhe haltend, sah er sie an. »Ich möchte etwas sagen.«
Sie ballte warnend ihre Hände zu Fäusten. »Bleib zurück, Vampir.«
»Es ist vielleicht schwer zu glauben, aber ich bin gekommen, um dir zu helfen.«
Ihre Lippen verzogen sich. »Und alles, was ich tun muss, ist, dich ein wenig von mir trinken zu lassen, oder? Danke, aber nein danke.«
Dante biss die Zähne zusammen. Hatte es jemals eine Frau gegeben - ob nun menschlich, dämonisch oder von einer anderen Spezies - die nicht ständig diskutieren musste?
»Ich möchte dein Blut nicht, Shalott«, erwiderte er. »Aber ich brauche deine Fähigkeiten.«
»Vergiss es.« Sie schwankte leicht, wie eine Kobra, die sich darauf vorbereitete zuzubeißen. »Eher töte ich dich.«
Dante wurde bewusst, dass sie dachte, er meine ihre angeborenen Fähigkeiten, Vampire zu verführen, und winkte ungeduldig ab.
»Ich brauche deine kämpferischen Fähigkeiten.« Sein Blick glitt zu den schweren Schnittwunden, die ihre Arme und ihren Oberkörper verunstalteten. Er hätte darauf wetten können, dass sie auf dem Rücken eine entsprechende Sammlung vorweisen konnte. Sie war ausgepeitscht worden wie ein Tier. »Ich plane, den Hexen ein Ende zu bereiten.«
Sie beruhigte sich und sah ihn skeptisch an. »Das ist unmöglich. Sie sind zu stark.«
»Nicht, nachdem sie beinahe von dem Magier ausgelöscht worden wären. Sie können gegen zwei Vampire und eine Shalott nicht bestehen.«
Sie witterte, als versuche sie herauszufinden, ob er die Wahrheit sprach.
»Warum sollte ich dir trauen?«
»Ich bin ebenso gefesselt wie du.«
Sie hielt den Atem an. »Die Bestie.«
»Ja.«
Ohne Vorwarnung erhob sie sich, und Dante bleckte die Fangzähne. Versprechen oder nicht, wenn die Frau ihn noch einmal angriff, würde er ihr die Kehle herausreißen.
Aber sie starrte ihn nur mit einem Anflug von Furcht an.
»Der Phönix ist hier?«, fragte sie. »Du musst ihn aus dem Haus bringen.«
»Das ist genau das, was ich zu tun beabsichtige. Mit deiner Hilfe.«
»Wenn sie das Ritual durchführen...«
»Kannst du kämpfen?«, unterbrach er sie.
»Ja. Der Zauber kann mich nur dazu zwingen, zu ihnen zu kommen, wenn sie nach mir rufen.«
Dante lächelte schief. »Ich meinte: Geht es dir gut genug, dass du kämpfen kannst? Du bist verwundet.«
Sie wirkte für einen Augenblick verblüfft über seine Besorgnis. Als ob dies das Letzte sei, was sie erwartet hatte. Doch dann reckte sie stolz das Kinn vor, als sei sie verlegen, weil sie ihre Verletzlichkeit gezeigt hatte.
»Ich kann kämpfen.«
»Dann sollten wir gehen.«
Es folgte ein angespanntes Schweigen, bevor sie ruckartig nickte. Seite an Seite verließen sie den Raum. Beide fühlten sich unbehaglich bei dem Gedanken, der anderen Person den Rücken zuzuwenden.
»In den Keller«, murmelte er. Mit einem Nicken steuerte sie durch den Gang auf etwas zu, wovon er hoffte, dass es der Zugang zur Treppe war.
Als sie sich der Küche näherten, wurde sie jedoch langsamer und warf ihm einen warnenden Blick zu.
»Vor uns wird Magie angewendet.«
Dante nickte grimmig. Er beugte sich herunter, um die Dolche aus seinen Stiefeln zu ziehen. Er hätte eine Pistole von den Wachtposten mitnehmen können, die er gefangen genommen hatte, aber das Letzte, was er wollte, war, dass irgendein neugieriger Nachbar die Polizei rief.
Er bezweifelte, dass die Freunde und Helfer aus Chicago sich würden überzeugen lassen, dass zwei Vampire und eine Dämonin die Guten waren.
Als er in die Küche schlüpfte, glitt Dantes Blick über den Kreis der Hexen, die Viper soeben mit einem Bindungszauber festhielten. Der ältere Vampir knurrte vor Zorn und wehrte sich mit aller Kraft, aber es war deutlich zu erkennen, dass er momentan in der Falle saß.
Zum Glück stellten seine Bestrebungen sicher, dass die Hexen Dantes Annäherung nicht bemerkten. Ihre gesamte Kraft war erforderlich, um Viper gefangen zu halten.
Dante war gezwungen anzuhalten, da er bestimmen musste, welche der Frauen ihn an der Leine gehalten hatten. Er erschrak für einen kurzen Augenblick, als ein verschwommener Fleck an ihm vorbeischoss und die Shalott sich auf die Hexe stürzte, die ihr am nächsten stand. Es folgte ein lauter Schrei, dem sehr bald ein weiterer folgte, als Dante seinen Dolch einer murmelnden Hexe in den Rücken schleuderte.
Als die Hexen mit einiger Verspätung die Gefahr erkannten, drehten sie sich um, um ihrer neuesten Bedrohung ins Gesicht zu sehen, und der Zauber geriet ins Stocken. Dante drängte vorwärts. Viper lächelte in boshafter Erwartung.
Letzten Endes war der Kampf kurz und brutal. Die älteren Hexen starben durch die Hand Vipers und der Shalott, während Dante seine Zauberkräfte bei den jüngeren Hexen anwendete. Nun saßen sie zusammengekauert auf dem Boden, versorgten ihre Verletzungen und warteten gehorsam auf Dantes Befehle.
Sein eiliges Vorgehen hatte eine vernichtende Wirkung gehabt, und er hatte mit Leichtigkeit ihren Geist gebrochen. Sie konnten ohne seine Erlaubnis nicht einmal aufstehen.
Dante holte seinen Dolch zurück und wischte das Blut ab, bevor er ihn wieder einsteckte.
Als er sich erhob, sah er, wie Viper langsam auf die Dämonin zuging. In den Augen des älteren Vampirs glitzerte ein gefährliches Feuer.
»Ah, die Shalott«, murmelte Viper mit samtweicher Stimme. »Sehr schön.«
Die Dämonin wich zurück, bis sie mit dem Rücken zur Wand stand, und streckte warnend eine Hand aus.
»Zurück!«
Viper lachte leise. »Ich 'werde dir nichts antun.«
Die Shalott warf ihre lange Mähne aus rabenschwarzen Locken nach hinten. Dante unterdrückte bei der unbewusst provokanten Geste ein Stöhnen. Im Augenblick, während der Blutrausch noch heiß schwelte, wäre die Dämonin besser damit bedient, die Rolle eines passiven Opfers zu spielen, als Viper direkt herauszufordern.
»Ja, das höre ich oft«, spottete sie. »Normalerweise unmittelbar bevor mir jemand etwas antut.«
Es war nicht weiter überraschend, dass Viper vorwärtsstrebte und Dante ihm hastig auf dem Fuße folgte.
Verdammt, sie hatten keine Zeit für solche Dummheiten.
Während er überlegte, wie viel Gewalt wohl notwendig wäre, um den entschlossenen Vampir aufzuhalten, taumelte Dante hinter Vipers breitem Rücken her. Doch plötzlich hielt dieser abrupt an und witterte.
»Ein Mensch«, stieß er hervor.
Die Shalott starrte ihn an. »Wie bitte?«
»Du bist ein Bastard.«
Ohne Vorwarnung stürzte sich die Dämonin auf Viper und brachte ihn zu Fall. Dann setzte sie sich auf seine Brust.
»Treib es nicht zu weit, Vampir«, knurrte sie.
Viper lachte, als er sich drehte, um sie auf den Boden zu werfen und sie mit seinem größeren Körper unten zu halten.
»Mute dir nur nicht zu viel zu, Mensch.«
Dante hatte genug Geduld bewiesen. Sein gesamter Körper vibrierte, so groß war seine Sehnsucht danach, Abby zu finden und sie aus dem Haus zu bringen.
»Kämpfen wir nun gegen die Hexen oder gegeneinander?«, fragte er scharf.
Viper nickte, erhob sich mit einer fließenden Bewegung und zog die widerwillige Shalott hoch.
»Wir müssen unser Spiel später beenden, Schatz«, murmelte er, während er direkt auf die Tür zuging, die in der Vorratskammer verborgen war. »Zuerst kommt die Arbeit, fürchte ich.«